Wer nicht fragt bleibt dumm

Tina 11. December 2010

Jahr 21 nach der Wende. Viele Wessis waren auch heute noch nie “in den neuen Ländern”. Vorurteile gibt es immer noch genug. Gestern beschwert sich ein Freund von uns über die doofen Fragen von Wessis.

Doofe Fragen? Na ja, es heißt doch immer, es gibt nur doofe Antworten. Wir hatten kein Ost-Fernsehen. Wir wussten wenig über das tägliche Leben im Osten. Wer keine Verwandtschaft “drüben” hatte war außen vor. Ein anderes Land, weit weg.

Daß ich nach all den Jahren mit “meinem” Sachsen so viel weiß liegt an all meinen doofen Fragen. Wie war das bei Euch? Genau diese Frage hat uns die ersten Jahre ständig begleitet. Wäre mein Mann auf dem Mond aufgewachsen hätte ich ähnlich viel oder wenig über das tägliche Leben gewusst.

Vorurteile kann man abbauen. Durch Reden. Und doofe Fragen. Und man bringt auch einen alten Sachsen ins Nachdenken, wenn man im Jahr 2010 fragt: “Gabs bei Euch Plastiktüten?” Sicher, keine weltbewegende Frage, es ist auch nicht existentiell wichtig, die Antwort zu kennen…. aber sie ist interessant. Leipzig, Berlin (Ost) und Rostock in trautem Überlegen. Es gab die Einkaufsnetze, es gab auch Papiertüten…. und es gab auf der Leipziger Messe Plastiktüten mit Werbematerial ;-)

Mein Tip? Doofe Fragen können witzig sein, aus doofen Fragen entstehen ganze Geschichten und ganze Geschichten schaffen Verständnis. Auch wenn genau genommen es heute gar nicht mehr wichtig ist. Interessant ist es allemal.

A 20 – servicefreier Raum?

Tina 18. November 2010

“Ach ja, denkt daran, bei Berlin tanken – danach ist tote Hose” so oder so ähnlich müssen wir alle Freunde und Verwandte vorwarnen, die aus Rest-Deutschland zu uns kommen wollen. Letzte Tankstelle Rostock heißt es in der anderen Richtung.

Derzeit fahre ich öfter nach Hamburg und jedesmal fällt mir mehr auf, wie sehr Raststätten auf der Strecke fehlen. Gerade als Alleinreisende Frau will man keine toten Toiletten benutzen, die Sicherheit einer Raststätte oder Tankstelle fehlt einfach. Und auch Abfahren und McDonalds bei Grimmen-Ost ist nicht die ultimative Alternative.

Sicher, nicht die meist befahrene Autobahn Deutschlands, aber rechtfertigt das daß vollkommene Fehlen von Raststätten? Laut Wikipedia “Für den A 20-Abschnitt in Mecklenburg-Vorpommern wurden fünf Raststätten geplant, von denen bis März 2010 nur eine eröffnet wurde. Für die vier verbleibenden wurden zwar die infrastrukturellen Vorbereitungen getroffen, allerdings fanden sich noch keine Investoren, die dort Raststätten bauen und eröffnen wollen, so dass die Flächen bisher lediglich als Parkplatz genutzt werden können. So befindet sich auf den östlichen rund 240 Kilometern keine gastronomische Einrichtung direkt an der Autobahn. Grund ist laut Verkehrsministerium die zögerliche wirtschaftliche Entwicklung der Region, das geringe Verkehrsaufkommen und das damit verbundene hohe unternehmerische Risiko.”

Prima, aber sich selbst als aufstrebendes Tourismusland sehen. Da fühlen sich Urlauber sicher und behütet und ganz bestimmt auch gut versorgt. Glaubt eigentlich irgendjemand an dieses wunderschöne Land hier?

kurze Frage

Tina 10. October 2010

Mit welcher Berechtigung sind eigentlich im Jahr 20 nach der Wiedervereinigung die Löhne im Osten immer noch so immens niedriger als die im Westen?

Brauchen wir hier weniger Lebensmittel oder Kleidung? Arbeiten die Leute hier schlechter?

Aufwachen, solange so ein Bockmist gemacht wird, wird der Traum des vereinigten vorurteilsfreien Deutschlands ein Traum bleiben.

Wo ist der Erklärbär? Mir ist noch nicht aufgefallen, dass mein Euro hier mehr wert ist als der im Westen. McDonalds, Lidl, Aldi und Takko haben auch keinen Ost-Verkaufspreis, und komm mir jetzt keiner mit den Mieten, die sind nur wie im Westen auch in den absolut ländlichen Gegenden billiger als in Großstädten.

Gut ausgebildete Leute wandern ab einzig und allein wegen der Löhne. Strukturschwach. Selbst gemacht mittlerweile. Der Osten blutet immer noch aus.

Ostlife ist nicht da für wirtschaftliche Analysen und politologische Abhandlungen. Aber was jeder kleine Mann versteht sollte eigentlich auch unseren Politikern bewusst sein.

Im Osten zu leben heißt Überzeugungstäter zu sein. Wirtschaftliche Gründe ziehen niemanden hierher.

3. Oktober

Tina 3. October 2010

Für uns hat die Wiedervereinigung einen ganz besonderen Stellenwert – mein Mann ist aus Leipzig und ich aus Heidelberg. Es gäbe ohne das alles uns nicht, unsere Kinder nicht und ich würde nicht in Mecklenburg-Vorpommern leben.

Auch wenn mir der ganze Brimbamborium manchmal gehörig auf den Geist geht, jedes mal wenn ich die Bilder vom Mauerfall sehe erfüllt mich eine tiefe Dankbarkeit. Denn diesen Mann und dieses Leben hätte ich mein Leben lang vermisst.

Die wichtigsten Menschen in meinem Leben kommen aus Leipzig und Ost-Berlin, gestattet mir abseits jeglicher politischer Kritik diesen Tag als etwas besonderes zu empfinden.

Danke an meine beiden Rs und Bille :-)

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